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Zum Ende der Seite springen Ein deutsches Arbeitsbuch in Österreich
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Fragezeichen Ein deutsches Arbeitsbuch in Österreich Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

¡Hola!

Vielleicht kann mir einer der hier anwesenden Bewohner der Republik, die die östlichen Alpen bedeckt fröhlich mal eine Auskunft zu einem Dokument geben, welches ich besitze:
Zu Zeiten des Grossdeutschen Reiches gab es für die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ein Arbeitsbuch. In diesem wurden die Berufsausbildungen sowie die Beschäftigungsverhältnisse eingetragen - damit sollte wahrscheinlich verhindert werden, dass arbeitsfähige Menschen nicht schaffen wollen. Denn die Arbeitslosenquote dürfte damals unter Hitler quasi bei der 0-Prozent-Marke gelegen haben.
Wahrscheinlich diente es auch als Identifikationsdokument - Adresse, Familienstand, Arbeitsdienst und Wehrdienst wurden ebenfalls eingetragen.
Dieses Arbeitsbuch zeigt auf jeder Seite den Adler mit ausgebreiteten Schwingen, in den Fängen in Lorbeeren die Swastika.
Als Staatsangehörigkeit - seit 1938 gehörte schliesslich Österreich zum Reich und auch dort galten schliesslich die deutschen Gesetze - ist "Deutsches Reich" angegeben.
Der ursprüngliche Besitzer ist ein Österreicher gewesen; ein Wiener, der vor der Jahrhundertwende lebte; seine Lehre als Taschner im damals noch österreichisch-ungarischen Budapest absolvierte und 1912 Geselle wurde. Von 1919 bis 1927 schaffte er in der Staatsfabrik als Taschner, im Sommer 1934 und 1935 arbeitete er als Gartenarbeiter in der Städtischen Gärtnerei zu Wien und vom Sommer 1936 bis Herbst 1938 als Platzmeister am Sportplatz. Ab 01.10.1938 war er bei der Deutschen Arbeitsfront.
In der Zwischenzeit war er anscheinend arbeitslos.
Was mich jedoch nun sehr, äusserst stark verwundert:
Am 14.07.1945 - bitte das Datum beachten - wurde ein Stempel von der Deutschen Arbeitsfront, Gauwaltung Wien, 6. Bezirk, Theobaldgasse 19, hineingesetzt - der Krieg war aber schon seit 08.05.1945 für Deutschland beendet; Österreich war schon wieder aus Deutschland losgelöst, die 2. Republik war schon proklamiert worden!
Und weiter gehen die Merkwürdigkeiten:
In einem deutschen Dokument, wo als Staatsangehörigkeit "Deutsches Reich" angegeben ist; wo auf jeder Seite das Symbol der Nazis prangt; wo auf das Reichsgesetzblatt I, Seite 311 lt einem Gesetz vom 26.02.1935 verwiesen wird - da werden von 1945 bis 1950 feuchtfröhlich Stempel von österreichischen Firmen und Institutionen reingesetzt!
Ob es sich um einen Bauunternehmer, den Wiener Arbeiter-Turn- und Sprtverein oder die Warenhandelsgesellschaft Schörkhuber handelt - 5 Jahre nach dem Untergang des Deutschen Reiches; es existierten 1950 schon die Bundesrepublik und die DDR; die 2. Republik war schon 5 Jahre alt - da wird in Nazidokumente noch hineingestempelt?
Hat jemand eine Ahnung, warum das damals gemacht wurde?
War es in Österreich nach Kriegsende ebenfalls notwendig, ein "Arbeitsbuch" zu führen - wozu? (In der DDR gab es eine ähnliche Form, allerdings wurde dort noch der Verdienst eingetragen, danach wurde dann die Rente berechnet.)
Warum wurde dem Arbeiter - so es so ein Arbeitsbuch auch in Österreich gab - nach Kriegsende und Unabhängigkeit nicht einfach ein neues, "unbelastetes" Dokument ausgehändigt?
Was mögen die Allierten bei Kontrollen dieses Buches gedacht haben?
Ja, ich weiss, dass in Deutschland bspw bis 1948 das NS-Geld ebenfalls umlief - auch da wurden die Hakenkreuze von den Geldscheinen nicht ausgeschnitten oder sonstwas. Aber in einem unabhängigen Land - dass da nicht wenigstens das Hakenkreuz geschwärzt wurde? Oder die Staatsangehörigkeit in "österreichisch" überstempelt wurde?
Gibt es jemanden hier in diesem Forum, der mir über diese Zeit, über dieses Dokument was erzählen kann?

Adíos
Ronny
04.09.2003 23:20 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
AEIOU
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Schöne Geschichte Ronny,

aber ein Bild wäre hilfreich, um deinen Angaben nachgehen zu können. cool
05.09.2003 17:09
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¡Hola!

Zitat:
Original von AEIOU
Schöne Geschichte Ronny,


Wirklich?

Zitat:

aber ein Bild wäre hilfreich, um deinen Angaben nachgehen zu können.


So werde ich morgen dieses Buch einmal scannen, die verschiedenen Seiten.
Aber nicht, dass es Ärger gibt, weil das Symbol einer untergegangenen Diktatur sichtbar sein könnte…

Adíos
Ronny
05.09.2003 23:13 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
AEIOU
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Zitat:
Original von *ryhk*
Aber nicht, dass es Ärger gibt, weil das Symbol einer untergegangenen Diktatur sichtbar sein könnte…


Wenn du Bedenken beim Herzeigen hast, dann kannst du mir das Dokument auch einpacken und rüberschicken. Ich geh dann damit zu einem Historiker aber das könntest du auch selber machen. augenzwinkernd

Du kannst dein Fundstück auch gerne hierher schicken, es würd mich interessieren was die dazu sagen. gross grinsend
06.09.2003 00:38
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¡Hola!

Zitat:
Original von AEIOU
Zitat:
Original von *ryhk*
Aber nicht, dass es Ärger gibt, weil das Symbol einer untergegangenen Diktatur sichtbar sein könnte…

Du kannst dein Fundstück auch gerne hierher schicken, es würd mich interessieren was die dazu sagen.


Ja, das werde ich machen - sowas habe ich gesucht! fröhlich
Sollte ich eine Antwort, gar eine Erklärung bekommen, wird sie selbstverständlich gepostet. Obwohl ich mir schon so ungefähr vorstellen kann, wie das Schreiben formuliert sein könnte - ich stelle es mir so vor, wie nach 1990 niemand, aber auch gar niemand in der SED gewesen sein wollte und alle schon durch die Bank weg Widerständler waren. lächelnd

Adíos
Ronny
06.09.2003 01:01 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
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Hi *ryhk* fröhlich
nein, neugierig bin ich so gar nicht, neeeiiiin, dennoch wäre ich gespannt, ob Du die Zeit gefunden hast, die Anfrage zu starten und - falls - was eigentlich dabei herausgekommen ist. Eine Frage hätte ich zusätzlich noch: War der Einband außen grün oder braun gehalten? Soweit mir bekannt, gab es zwei grundsätzliche Arten von Arbeitsbücher: Eines für Reichs- und Volksdeutsche, die sich wiederum leicht in der Form des Hoheitsadlers (alter Reichs- oder neuerer, nach 1933 üblicher Geier) unterscheiden, und eines für Ausländer. Letzterer wäre grün gehalten und eine kleinere Seltenheit. So oft gibt´s die Dinger nicht...

Das Einträge auch nach dem 08. Mai 1945 durchgeführt wurden, scheint dagegen keine Seltenheit zu sein:




Grüße augenzwinkernd kopfkratzend
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Bekanntlich steht die glänzende Situation eines Staates immer in einem gerechten Verhältnis zur Höhe seiner Schulden
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21.07.2004 12:39 nick1k ist offline E-Mail an nick1k senden Beiträge von nick1k suchen Nehmen Sie nick1k in Ihre Freundesliste auf
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¡Hola!

Ich hab' keine Antwort bekommen - ich hatte es erstmal nur per Mail versucht.
Der Einband ist braun, ich werde es in den nächsten Tagen scannen und hier dann einstellen.
Dein Arbeitsbuch stammt aber von einem Reichsdeutschen und nicht von einem Angeschlossenen, oder?


Adíos
Ronny
21.07.2004 12:59 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
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Zitat:
Original von *ryhk*
Dein Arbeitsbuch stammt aber von einem Reichsdeutschen und nicht von einem Angeschlossenen, oder?

Das, woraus der gezeigte Abschnitt stammt, ist braun, also von einem Reichsdeutschen, ja. Ich habe davon mehrere. Ich sammle also neben Banknoten auch Ausweisdokumente. Wenn mir mal das eine oder andere Stück auf Flohmärkten unterkommt, nehme ich es gerne mit... augenzwinkernd

Ein Arbeitsbuch für Ausländer darf ich in meiner Sammlung mein eigen nennen. Es war das einzige, das ich je in Händen gehalten habe...

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Hier habe ich noch ein braunes Arbeitsbuch gefunden, das jedoch einem - nach damaliger Vorstellung - "Nicht Reichsdeutschen" gehört hat: Böhmen und Mähren.



Ich hab lediglich die Form etwas angepaßt, damit das Forum keinen Ärger bekommt. Man sieht das Wesentliche trotzdem, glaub´ich.

Grüße lächelnd kopfkratzend
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21.07.2004 13:55 nick1k ist offline E-Mail an nick1k senden Beiträge von nick1k suchen Nehmen Sie nick1k in Ihre Freundesliste auf
captainpeter   Zeige captainpeter auf Karte captainpeter ist männlich
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RE: Ein deutsches Arbeitsbuch in Österreich Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

ich kenne diese Arbeitsbücher sehr gut. Gerade krüzlichhabe ich eines über ebay verkauft.

ich weiß darüber nicht alles, es ist nicht meine Materie, aber ich kann auf jeden Fall weitergeben, was ich so hin und wieder darüber von Leuten erzählt bekommen habe, die damals gelebt haben.

Zitat:

War es in Österreich nach Kriegsende ebenfalls notwendig, ein "Arbeitsbuch" zu führen - wozu?


ja, natürlich.
Es gab damals noch keine EDV und keine richtigen Zentralämter. So war das Arbeitsbuch praktische die gebündelte Datenbank für jeden einzelnen erbeitenden Bürger.
Wozu?
Vor allem als Nachweis für die Rentenversicherung, aber auch als Spiegel des Arbeitslebens, damit z.B. der Personalchef einen Bewerber gleich auf einen Blick gut einschätzen konnte.

Arbeitsbücher gibt es heute noch in jedem Land.
z.B. muß jeder Seemann eines haben (es heißt dort "Seefahrtbuch"). Ohne das darf er nicht anheuern.

Warum?
Das Seefahrtbuch enthällt alle Angaben, die auch ein Reispaß enthält. Es ist laut Paßgesetz ein Reisedokument - und zwar ein viel hochwertigeres als ein Reisepaß. Denn mit einem Seefahrtbuch darf man alle Länder der Welt visafrei bereisen.

Ich z.B. habe schon lange keinen gültigen Reisepaß mehr (kostet nur Geld und nützt mich nichts). Ich reise ausschließlich mit meinem antiguanischen Seefahrtbuch. Es ist ein Dienstpaß, ähnlich dem Diplomatenpaß.
Ich weiß ja nie, wo mein Schiff als nächstes hinfährt, kann auch unmöglich immer gleichzeitig für 150 Länder der Welt ein Visum haben, also muß ich ein Dokument haben, mit dem ich visabefreit reisen kann. Jeder Seemann hat das, denn sonst könnte er ja z.B. im Hafen von Shanghai oder Havanna nicht an Land gehen.
Im Gegensatz zum Reisepaß wird ein Seefahrtbuch aber nie an der Grenze gestempelt (es wäre ja auch in 3 Monaten schon wieder voll), es bleibt also diesbezüglich immer jungfräulich.
Anbei Scan meines Seefahrtbuches.

Im Seefahrtbuch sind wie im früheren Arbeitsbuch auch alle Schiffe eingetragen, natürlich mit der dazugehörigen Reederei, dem Dienstrang, Anheurungs und Abmusterungsdatum und den dazugehörigen Häfen.
Wenn ich meine alten Seefahrtbücher anschaue, kann ich immer sagen, wo ich wann gewesen bin.

Das Seefahrtbuch gilt wie schon gesagt auch als Nachweis der Rentenversicherung, das ist aber heute im EDV-Zeitalter natürlich nicht mehr sein Hauptdaseinszweck.

Zitat:
nach Kriegsende und Unabhängigkeit nicht einfach ein neues, "unbelastetes" Dokument ausgehändigt?


warum hätte man sollen? Arbeit ist Arbeit, und Schneidergeselle unter der NS-Zeit ist genauso Schneidergeselle wie unter einer anderen Zeit.
Dann hatte man nach dem krieg im allgemeinen Zusammenbruch wohl auch andere Sorgen, da für alles neue Bücher und Formulare zu drucken.

Zitat:
Was mögen die Allierten bei Kontrollen dieses Buches gedacht haben?


gar nichts. Das war damals etwas, was jeder hatte, und soviel Verständnis hatte man schon, daß ja keiner was dafürkonnte, daß da die Swastika draufwar. Man war lediglich froh, daß der dahinterstehende Mann weg war. Das Kreuzchen als solches hat niemand mehr wehgetan. Erst in den späteren Jahren, als man vor Wiederbetätigung Angst zu bekommen begann, ist das nach und nach stigmatisiert worden.

Zitat:
Aber in einem unabhängigen Land - dass da nicht wenigstens das Hakenkreuz geschwärzt wurde? Oder die Staatsangehörigkeit in "österreichisch" überstempelt wurde?


ich glaube, man hatte damals ganz andere Sorgen. Adolf war weg, das war die Hauptsache. Kreuze und Symbole hin oder her, man wußte, was gemeint war und den Leuten ging es ums Überleben.

Heute haben wir in Italien an Land immer noch das Arbeitsbuch (Libretto di Lavoro).
Ich habe keines, da ich nicht bei einer italienischen Firma arbeite.
Das ist eine sehr praktische Einrichtung, man hat immer sein ganzes Arbeitsleben auf einen Blick und braucht sich nicht immer irgendwo beim Arbeitsamt Zettel holen usw.

ciao
C.P.
21.07.2004 18:50 captainpeter ist offline Beiträge von captainpeter suchen Nehmen Sie captainpeter in Ihre Freundesliste auf
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RE: Ein deutsches Arbeitsbuch in Österreich Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

hier noch aus dem Innenleben meines Seefahrtbuches:
21.07.2004 18:51 captainpeter ist offline Beiträge von captainpeter suchen Nehmen Sie captainpeter in Ihre Freundesliste auf
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RE: Ein deutsches Arbeitsbuch in Österreich Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

¡Hola!

Danke erstmal für Deine Scans!

Zitat:

ich glaube, man hatte damals ganz andere Sorgen. Adolf war weg, das war die Hauptsache. Kreuze und Symbole hin oder her, man wußte, was gemeint war und den Leuten ging es ums Überleben.


Hmm. Die Ostblock-Slawen haben da ein bisschen anders getickt: alles, was deutsch war, möglichst schnell austilgen. Gut, ok, diese Länder haben den GröFaz auch nicht jubelnd begrüsst, Österreich dagegen hat Adolf einen triumphierenden Empfang dargebracht, man fühlte sich dort als Teil des Reichs. Wie auch im Altreich gab es recht wenig offenen Widerstand gegen die NS-Diktatur. Nach dem Krieg jedoch - wenn ich das alles richtig interpretiere - haben sich jedoch auch die Österreicher als Opfer gefühlt, man hatte auf einmal nichts mehr mit dem Reich gemein. Da war nun wieder bei Passau, Salzburg, Kufstein und Lindau eine Grenze - hier war Österreich und da war Deutschland. Ich hab' so den Eindruck, dass manche Österreicher es am allerliebsten gesehen hätten, wenn ihre ganze NS-Anpassung ausgelöscht, wie nie gewesen, wäre und sie als das erste Opfer des NS-Staates angesehen worden wären. Dass es dabei jedoch leider genügend Österreicher gab, die im NS-Staat Karriere machten und dem Faschismus zugejubelt haben, war fast alles gar nicht wahr - alles Opfer. (Ähnliches, wenn auch etwas anders, fand/findet ja in Frankreich oder in den Niederlanden statt. Alles Opfer, alles Verfolgte, immer schon immer gegen Hitler gewesen, alle aktiv im Widerstand - dass es jedoch nicht nur die Resistance gab, sondern eben auch Vichy, dass es auch niederländische SS-Einheiten gab, dass Niederländer froh waren, wenn die Moffen die Juden abgeholt haben: das wurde recht schnell vergessen)
Deswegen wundert mich das, dass trotz der Versuche Österreichs, sich nur als Opfer hinzustellen, die NS-Symbole - und dazu zählt auch das Arbeitsbuch - trotzdem weiterzuverwenden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach Stalins Einmarsch in den Baltikum bspw die Pässe der Letten oder Esten weiter Gültigkeit hatten; ich glaub' nicht, dass die Danziger nach dem Anschluss ans Reich weiter allzulange ihre Pässe oder ihr Geld verwenden konnten?
Oder dass nach dem Fall Südtirols die Italiener lange die k.u.k-Pässe und österreichisch-ungarischen Kronen akzeptiert haben? Auch die Ortsschilder werden doch recht schnell auf Rein-Italienisch bzw Italienisch-Deutsch umgestellt worden sein?
Klar, es sind "nur" Kleinigkeiten. Aber das sind Symbole und das ist auch Demokratien wie Diktaturen eigen, dass nur ihre eigenen Symbole verwendet werden sollen. Ok, die DDR-Führerscheine gelten weiter, DDR-Reisepässe galten auch noch 4 (?) Jahre nach dem Anschluss weiter. Und da wurde bspw der bundesdeutsche Geier auf das Hammer, Sichel, Erichkranz draufgestempelt, bei Visa. Ok.
Aber das Symbol einer Diktatur, die in Nürnberg als verbrecherisch eingestuft worden ist (das ist mit dem DDR-Stalin/Sozialismus nie passiert) - dies noch weiterzuverwenden?
Und wenn man schon 21 Tage nach dem Kriegsende in Europa in Österreich die alliierten Banknoten gegen eigene eintauschen konnte und nicht etwa wie im Reich die RM-Noten weiter verwendete - warum dann nicht auch Arbeitsbücher?
Klatr, Geld mag wichtiger sein und häufiger sichtbar sein als so ein Arbeitsbuch, aber trotzdem.
Ich finde es nicht gerade voll logisch, dass man Bücher mit NS-Symbolen noch bis Anfang '50 verwendet hat. Ich liefere Scans nach - versprochen - voraussichtlich am Freitag nachmittag/abend. Ich weiss nicht, warum die Einträge aufhören: ob der Mann gestorben ist oder ob man dann in Österreich eigene Bücher verwandte oder ob man das System anders gestaltete, dass die Arbeitsbücher überflüssig machte…
Ich könnt' ja nochmal eine Mail hinschreiben…


Adíos
Ronny
22.07.2004 02:10 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
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RE: Ein deutsches Arbeitsbuch in Österreich Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Zitat:

Hmm. Die Ostblock-Slawen haben da ein bisschen anders getickt: alles, was deutsch war, möglichst schnell austilgen.


ja, nur in diesen Staaten lag neben der natürlichich berechtigten Aversion gegen alles Deutsche auch eine viel dinrgendere praktische Notwendigkeit vor, schnellstens komplett neue Formulare und Dokumente zu entwerfen und herauszugeben. Viele deutsche Dokumente wurden ja entweder von den Leuten und Behörden dort gar nicht verstanden oder paßten nicht in die neue Realität des Alltagslebens.
In Österreich war das was anderes. Sprache blieb die gleiche, Rechts- u. Verwaltungssystem war stets praktisch wie in Deutschland. Somit konnten die existierenden Papiere problemlos weiterverwendet werden und waren im Alltagsleben und im Umgang mit Behörden völlig ausreichend und gut. Mehr als ihren Zweck erfüllen mußten sie ja nicht. Also warum in diesen schweren Zeiten nach Mai 1945, wo es an allem fehlte, nun gerade als erstes aus Nationalstolz Hals über Kopf hergehen und auf (nicht vorhandenes) Dokumentenpapier neue Ausweise und Dokumente drucken von (ebenfalls knappen) Druckereiarbeitern und wertvolle Druckereiproduktionsmittel für sowas verschwenden?

Man hatte wirklich was Besseres und Wichtigeres zu tun.
Man könnte fast mit Wehmut sagen:
Die Leute und Regierungen haben damals in manchen Dingen viel praktischer und kostenbewußter gedacht als heutzutage und sich mehr auf Wesentliches konzentriert.


Zitat:
Österreich dagegen hat Adolf einen triumphierenden Empfang dargebracht, man fühlte sich dort als Teil des Reichs.


da wird es natürlich sehr politisch, und vielleicht sollte man das in unserem Forum nicht zu sehr auswalzen.
Zur Opfer des NS - Theorie:
Rein politisch gesehen (nicht moralisch): Frage:
Was hätte dieses kleine Land in dieser schweren Lage (von einstiger Großmacht zu einem kleinen Rest reduziert, kein Geld, Bedrohung aus dem Osten etc.) denn anderes machen sollen, als sich als Opfer darzustellen? Daß es ihnen gelungen ist, und daß sie bei den Alliierten damit durchgekommen sind (ob nun wirklich mit Recht oder nicht, und mit wieviel ein bißchen Fakten diplomatisch einhüllen und umdrehen ... bleibe dahingestellt), ist auf jeden Fall eine anerkennungswürdige politische Meisterleistung. Denn dadurch wurden die Milliarden aus dem ERP (=Mashallplan) Fonds frei, die der Grundstock waren für den heutigen Wohlstand Österreichs.
Politisch hat die damalige Führung des neugegründeten Österreich also klar das Richtige getan. Es war die Pflicht der Wiener Regierung, für ihr Land das Maximum an Vorteilen herauszuholen, und ob dabei ein wenig Tatsachen nicht ganz genau genommen und vielleicht verdreht wurden, ... das ist in der Politik legitim. In der Politik muß man nicht immer so ganz genau die ganze Wahrheit sagen, und schon gar nicht, wenn es dem Volk zum materiellen Nachteil gereichen könnte.
Man ärgert sich zwar darüber, daß Politiker dauernd lügen und nicht halten, was sie versprechen, aber manchmal gelingt ihnen doch ein guter Schachzug auf dem diplomatischen Parkett.

Darum sage ich aus meiner Sicht: Die Österreicher haben es richtig gemacht damals.

Wo bleibt die Moral, kann man fragen, die Bußfertigkeit und die Courage, zu in der Geschichte gemachten Fehlern zu stehen?

Eher müßig. Den Westmächten hat es so in den Kram gepaßt und somit wurde es so gemacht. Punkt.

Zitat:
man hatte auf einmal nichts mehr mit dem Reich gemein. Da war nun wieder bei Passau, Salzburg, Kufstein und Lindau eine Grenze


ja eben.
Das ist aber nicht einmal so vollständig in österreichischem Köpfen gewachsen. Das haben sich vor allem die Westmächte aber als allererstes ausbedungen und klar in die österreichische Verfassung diktiert:
Ein Anschluß oder eine Wiedervereinigung mit Deutschland darf für alle Zeiten NIE mehr geschehen! Ein wesentlicher Grund für einen Staat Österreich war ja der Gedanke, zwischen Deutschland und Italien einen neutralen Keil zu schieben.
Und solange der Ostblock noch was zu sagen hatte, war das auch ein Hauptgrund dafür, daß Österreich nicht in die EG durfte, und schon gar nicht in die NATO (wo sie ja heute noch nicht sind).

Zitat:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach Stalins Einmarsch in den Baltikum bspw die Pässe der Letten oder Esten weiter Gültigkeit hatten;


die Frage ist eher müßg. unter Stalin brauchten die keine Reisepässe mehr. Weder lettische noch sowjetische. Ins Ausland reisen war unter Stalin nicht gerade groß in Mode. augenzwinkernd

Zitat:
Oder dass nach dem Fall Südtirols die Italiener lange die k.u.k-Pässe und österreichisch-ungarischen Kronen akzeptiert haben?


mein Vater war Südtiroler und hat mir natürlich oft erzählt. Als Währung galt ab sofort (1918) die Lira. Die identitätsdokumente waren bis 1923 alle schön langsam umgeschrieben.
Das war auch nötig, denn Italien hat ja mit österreichischen Papieren nichts anfangen können. Dort hatten und haben Formulare ja eine ganz andere Form und es werden andere Eintragungen verlangt.
Da bestand also eine administrative Notwendigkeit. Am k.u.k-Doppeladler als Zeichen hat man sich sicherlich zu allerletzt gestört.
Man hat damals, wie schon gesagt, vieles viel praktischer gesehen.


Zitat:
Ich weiss nicht, warum die Einträge aufhören: ob der Mann gestorben ist oder ob man dann in Österreich eigene Bücher verwandte oder ob man das System anders gestaltete, dass die Arbeitsbücher überflüssig machte…


ja, man ist dann zur Lohnstuerkarte übergegangen.
In Österreich sit die Lohnsteuerkarte seit etwa Mitte der 90-er Jahre abgeschafft. Alles läuft jetzt nur noch auf der elektronischen virtuellen Schiene.

Aber ich weiß von österreischischen Freunden:
Allein das Erstellen der Datenbanken aller österreischischen Bürger - also die Abschaffung der Lohnsteuerkarte und bis die Datenbank für die Renten- u. Krankenversicherung komplett stand und einsatzfähig war, hat viele Jahre gebraucht, selbst in unserer heutigen modernen effizienten Zeit.
Also ist es schon verständlich, daß im Trümmerhaufen von 1945 man nicht als "first thing to do" zur Neuausgabe von Arbeitsbüchern etc geschritten ist.

ich habe einmal von einem österreischischen Industriellen gelesen. Großer Brillenfabrikant (Carrera-Skibrille). Der hat nach dem Krieg mit Schweißerbrillen angefangen. Die wurden bitter benötigt beim Aufbau. Es gab aber keine und auch keine Produktionsmittel dafür. So hat er alte Gasmasken aus Wehrmachtsbeständen aufgekauft und sie entsprechend umgebastelt.
So konnte man damals noch ein Imperium gründen.

DAS waren die Sorgen damals, und nicht wie ein Arbeitsbuch aussah. Das war totale Nebensache. Hauptsache es stand drin, was drinstehen mußte, was da für ein Logo vorn drauf war, hat wirklich keinen gekratzt.

ciao C.P.
22.07.2004 11:38 captainpeter ist offline Beiträge von captainpeter suchen Nehmen Sie captainpeter in Ihre Freundesliste auf
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¡Hola!

Dass man 1945 andere Sorgen hatte - das sehe ich ja noch ein. Aber 1950? Da war schon ein Eiserner Vorhang niedergegangen. Die Berlin-Blockade durch die Sowjets war schon vorbei. Die beiden deutschen Staaten waren gegründet, der Ostblock war für lange Zeit unter Stalins Knute gefallen. Die ersten entnazifizierten Nazis waren schon wieder von Nürnberg freigelassen worden. In der Bundesrepublik waren die Geschäfte wieder voll - so man Geld hatte, konnte man sich was kaufen. Der nächste Krieg steht vor der Tür - Korea; die UNO besteht schon 5 Jahre. Indien ist unabhängig, China ist rot. Und hinter den Bergen wird weiter noch in Nazi-Dokumente gestempelt?
Sorry - es war fast weltweiter Konsens, dass das NS-Regime ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war und ist - und die Symbole des Tausendjährigen Reichs sind weiter präsent?
Das wär' doch genauso gewesen, wenn es heute noch ein "Dorf der Jugend" oder "Wilhelm-Pieck-Stadt Guben" oder die "Pionierrrepublik" geben würde; wenn es immer noch eine Karl-Liebknecht-Strasse, eine "Strasse der Befreiung" gäbe oder wenn vom Staatsratsgebäude die schwarz-rot-goldene Fahne wehen würde, mit dem Wappen der DDR. Man hätte doch 1990 andere Sorgen haben müssen?
Genauso wie nach dem Zusammenbruch der roten Regimes im Ostblock: was waren denn so die ersten Amtshandlungen der westlich angehauchten Regierungen? Abschaffung des roten Sterns im Wappen (Ungarn); Umbenennung des Staatsnamens (Sozialistische Republik Rumänien, CSSR); Streichung der Festlegung, dass … ein sozialistischer Staat sei (Rumänien). Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Wirtschaft anzukurbeln, auf dass der Osten nicht ewig nur das zweite Ersatzrad Europas ist?
Doch es waren nicht nur "die da oben", die die Symbole der Roten forthaben wollten: auch "die von unten" waren da aktiv. Ich war '89, im Juli in Ungarn. Unser ungarischer Betreuer hat sich beharrlich geweigert, Münzen anzunehmen - weil auf denen der rote Stern im Wappen war. Und er war nicht der Einzige - der wollte mit den Symbolen nichts zu tun haben. Vor dem Gebäude der USAP (Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei, das Ungarn-Pendant zu den diversen kommunistischen Partei-Ablegern) hat er auf das Partei-Emblem gespuckt, er hat furchtbare, unnachsprechbare Flüche ausgestossen. Für "Wenn-der-Nachbar-tapeziert-brauchen-wir-nicht-zu-tapezieren"-Kurt-Hager-Sp
rösslinge und Knechte von Säuferkrenz und halbtote-Viecher-vor-die-Flinten-treibenden-Jäger-Honecker-Untertanen war das komplett unverständlich - aber nach der Wende waren so viele Fahnen mit rausgeschnittenem DDR-Emblem zu sehen und nach der Währungsunion waren die kursgültigen DDR-Kleinmünzen auch nicht gerade mehr beliebt.
Und zu einer anderen Zeit, da ist man nicht so "symbolisch", sondern trägt Ausweise einer verbrecherischen Diktatur umher und lässt sich dortdrin feuchtfröhlich reinstempeln? Da lässt man noch nicht mal die Staatsangehörigkeit "Deutsches Reich" irgendwie überstempeln - obwohl Österreich formal wieder existiert?
Du, ich weiss nicht so recht - das ist ein merkwürdiges Bild; das passt überhaupt nicht zum Opfer-Syndrom.
Klar, man hatte andere Sorgen. Ich würde jedoch bedenkenlos wetten, dass der Strassenname "Adolf-Hitler-Platz" ganz, ganz schnell verschwunden ist. Wozu - wenn man doch andere Sorgen gehabt hat?
Meines Wissens nach wurden bei der ÖBB ganz, ganz schnell die Reichsbahn-Formulare entsorgt und durch eigene ersetzt - wozu, wenn man doch andere Sorgen hatte?


Adíos
Ronny
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Zitat:
wenn es immer noch eine Karl-Liebknecht-Strasse, eine "Strasse der Befreiung" gäbe oder wenn vom Staatsratsgebäude die schwarz-rot-goldene Fahne wehen würde, mit dem Wappen der DDR. Man hätte doch 1990 andere Sorgen haben müssen?

Naja, ich gebe zu bedenken, das 1990 wirklich nicht viel mit der Situation nach 45 zu tun hatte. Wenn Du Dir die Bilder der Städte (auch noch von 1950!!!) ansiehst, dann stand da oft immer noch kein Stein auf dem anderen... Auch wenn die Währungsreform durchgeführt worden war und die Läden "voll" waren, heißt das noch lange nicht, das es den Leuten wirklich gut ging... besser ja, aber so richtig gut, das sie sich alles und jedes leisten konnten? Nö, das sicher nicht. Von daher hat captainpeter nicht so ganz unrecht mit seiner Einschätzung. Dasselbe gilt doch auch für Rumänien, Ungarn... hat es dort oft völlige Zerstörung der Städte bis zu 90% des bewohnbaren Raumes gegeben? Ich glaube auch nicht, das das so ein drängendes Problem gewesen war, das man ein anderes funktionierendes System der Arbeitsnachweise hatte: Es gab doch auch kaum Arbeitsplätze, oder?

Vergleich doch mal Afghanistan: Dort herrschten 25 Jahre Krieg, das Land ist völlig am Boden, keine Infrastruktur, die einzige elektrifizierte Stadt ist Kabul (und selbst da gibt´s oft keinen Strom). Seit drei Jahren pumpt man dort Milliarden an Dollars ins Land... und jetzt frag Dich mal, warum die Leute dort immer noch keine neuen Arbeitsbücher haben... augenzwinkernd
So schnell baut man kein Land wieder auf.

Übrigens gibt´s z. B. noch eine Karl-Liebknecht-Straße in Berlin...

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¡Hola!

Erstmal ein grosses SORRY an alle Modembenutzer, dass ich Euch hier fast 1 MB an Scans zumute. Im Interesse der Lesbarkeit sind die Scans jedoch nicht allzuviel kleiner machbar… Falls Ihr Interesse an den Bildern haben solltet: PN und ein Zip-Archiv ist dann per Mail zu Euch unterwegs.
So, jetzt erstmal zu den Bildern:

Das ist der Einband. Wegen des Scanners ein wenig aufgehellt - so ist er ungefähr naturgetreu:


Die erste Innenseite. Gefüllt mit den persönlichen Daten; auffallend, dass der Name von Karl in Franz geändert wurde und dass das a in Franz auch nicht sehr sauber geschrieben wurde:


Die nächste Seite, nun geht es in Doppelseiten weiter:
Links wieder persönliche Daten, die Staatsangehörigkeit Deutsches Reich wurde nicht geändert. Zuletzt wohnhaft im 12. Bezirk, im Karl-Hörweg (könnte auch Lörweg heissen) 4. Rechts wäre dann noch Platz für weitere Wohnortwechsel gewesen:


Hier wäre der Arbeitsdienst und der Wehrdienst einzutragen gewesen. Der Mann wurde offensichtlich nicht gezogen.
Rechts dann die Ausbildung, er war ein Taschner, gelernt im damals noch kaiserlich-königlichen Budapest und die Gesellenprüfung war 1912:


Hier kommen die verschiedenen Tätigkeiten, die er ausgeführt hat. Als Taschner von 1919 bis 1927, dann Gartenarbeiter 1934 für ein halbes Jahr, bis er dann im Frühjahr 1935 erneut diesen Beruf ausgeübt hat. Von 1927 bis 1934 scheint er arbeitslos gewesen zu sein. Dann folgten wieder ein halbes Jahr der Arbeitslosigkeit, ehe er dann von Mitte '36 bis im Herbst des Anschlussjahres als Platzmeister fungierte. Ab Oktober war er dann bei der DAF, über die Art der Tätigkeit wird leider geschwiegen. Sie haben doch unter anderem Autobahnen gebaut, nicht?
Rechterseits dann das Siegel des Arbeitsamts, unter der Berufsgruppe "21":


Jetzt kommt die eigentlich brisante Seite, nämlich die Stempel aus der Zeit der 2. Republik. Die Jahreszahlen und Beschäftigungen sind deutlich lesbar - liebe Wiener: gibt's die Firmen eigentlich noch?
Am 02.01.1950 ist dann das letzte Beschäftigungsverhältnis beendet worden - durch Tod; eigenes, anderes Arbeitsbuch oder Pensionärsdasein (letzteres aufgrund des Alters wohl nicht so ganz möglich?)


Hier wäre Raum für noch viele Einträge gewesen:


Die rechte Seite ist eingeklebt worden, kennzeichnet offenbar die Arbeitsbuch-Versionen für Österreich:


Hier folgen jetzt die Anmerkungen über die Benutzungsbestimmungen des Arbeitsbuches:





Und das ist der rückseitige Deckel, auch hier mit Änderung des Vornamens:


Kenne solche Bücher ja auch von der DDR, allerdings war das dort ein bisschen anders: dort wurden auch die Verdienste eingetragen, im sogenannten grünen "SV-Buch". War äusserst wichtig für die Rentenberechnung, die FZR (freiwillige Zusatzrentenversicherung ab 1971, bis zu einem Bruttolohn von 600 M wurden 10% einbehalten; Verdiener über dieser Summe waren eigentlich von der FZR ausgenommen, wenn man jedoch sporadisch drüberkam, wurde der Höchstbetrag auf 60 M Abgaben gedeckelt). Ausserdem kamen in das Buch die Arztbesuche rein (ob nun ambulant oder stationär), ausserdem Impfungen und Röntgen-Untersuchungen.


Adíos
Ronny
23.07.2004 20:22 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
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¡Hola!

Ein Nachtrag:
Die Merkwürdigkeit mit dem DAF-Stempel von zwei Monaten nach Kriegsende habe ich ja schon im ersten Beitrag erwähnt. Für mich trotz der Nachkriegswirren absolut unverständlich.
Was mir jedoch erst jetzt auffällt: ich war der Meinung, dass nach dem Anschluss der Name "Österreich" sofort ausgetilgt wurde und durch "Ostmark" ersetzt wurde. Wenn auch nicht gleich am Tage des Anschlusses, so doch einige Tage später. Ebenso die Umbenennung der Bundesländer Nieder- und Oberösterreich in "Niederdonau" und "Oberdonau". Ist es wirklich so, dass man im Jahre 1939 noch von "Österreich" sprach, wie es das Einlegeblatt nachweist?
Wann fand denn nun die Umbenamsung wirklich statt?


Adíos
Ronny
23.07.2004 20:58 *ryhk* (†) ist offline Homepage von *ryhk* (†) Beiträge von *ryhk* (†) suchen Nehmen Sie *ryhk* (†) in Ihre Freundesliste auf
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In der Deutung der Straße liegst Du etwas daneben, der Mann wohnte im XII. Bezirk in der Karl-Löwe-Gasse 4. Die gibt es übrigens heute noch...

Den Wiener Arbeiter Turn- und Sportverein gibt es noch, auch im Internet www.wat.at

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-
Fachliteratur kann man nie genug haben.

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Huehnerbla: 24.07.2004 00:35.

24.07.2004 00:26 Huehnerbla ist offline E-Mail an Huehnerbla senden Beiträge von Huehnerbla suchen Nehmen Sie Huehnerbla in Ihre Freundesliste auf
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Jope, das ist ein Arbeitsbuch in der zweiten Form. Der Wechsel von erster zu zweiter Form muß zwischen 1936 und 1939 irgendwann passiert sein.

Ist Dir aufgefallen, das die erste Nummer (386) auf der ersten Inenseite die gleiche ist, wie bei meinem? Es scheint offenbar den Bezirk des Arbeitsamtes zu kennzeichnen (vgl. Seite5). Meine ist ebenfalls in Wien ausgestellt worden! Lediglich im Amt Nr.7, statt wie bei Dir Nr.5. Der Besitzer war Musiker (Kontrabaß und Tuba, was unter der Rubrik besondere Fertigkeiten eingetragen wurde) und hat im Wiener Cirkus Rebernigg und Henry gearbeitet. Gibt´s die denn auch noch??

Zitat:
Sie haben doch unter anderem Autobahnen gebaut, nicht?

Die DAF wurde für alles mögliche eingesetzt: Flurbereinigungen, Flußbegradigungen, Moorentwässerungen, in der Landwirtschaft im Ernteeinsatz, im Bunkerbau (Stichwort "Westwall") ...

Die eingeklebten Seiten , die Du für eine Kennzeichnung österreichischer Bücher hältst, gab es des öfteren in verschiedenen Formen. Die hier fehlt bei mir, kann aber leicht sein, das sie verloren gegangen ist, da sie oft auch einfach nur eingelegt wurden. Eingeklebte Zusatzseiten gab es übrigens auch als Seite 2a und b (die bei Dir scheinen fester Bestandteil zu sein), wenn jemand öfter umgezogen ist und der Platz für die Berichtigungen nicht mehr ausgereicht hat.

Hier als Nachtrag nun das erwähnte Arbeitsbuch für Ausländer. Dies hier stammt von einer Ukrainerin, geboren 1918, samt vermerktem unehelichen Kind:



Der Scanner verfälscht leider die Farbe etwas: es müßte eigentlich ein polizeigrün sein...

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Zitat:
Original von nick1k
was unter der Rubrik besondere Fertigkeiten eingetragen wurde) und hat im Wiener Cirkus Rebernigg und Henry gearbeitet. Gibt´s die denn auch noch??


Das ist aus dem Zirkus und der Familie Rebernigg geworden ...

http://members.aon.at/circus/page_4_1.html
24.07.2004 16:00
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Hey, klasse!!! ... Ich hätte nicht gedacht, tatsächlich so einen ausführlichen Hintergrund dazu zu bekommen...

Das könnte den Wechsel des Musikers von Circus Rebernigg zum Circus Henry erklären... wobei das im Oktober 1943 etwas früh gewesen wäre...

Circus Henry gibt´s offenbar noch... und ich weiß jetzt auch, warum ich heute vormittag nichts gefunden habe... bei der Schreibweise! ;-)

Danke!

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24.07.2004 16:37 nick1k ist offline E-Mail an nick1k senden Beiträge von nick1k suchen Nehmen Sie nick1k in Ihre Freundesliste auf
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